Wenn manche Türen nur sprechen könnten, um uns ihre Geschichten zu erzählen, von ihren Bewohnern und Gästen, von all denen, die durch sie eingegangen und ausgegangen sind und den Ideen, die hinter ihnen geboren wurden, um dann in alle Welt getragen zu werden.
Gestern stand ich vor ebenso einer Tür. Es ist der Eingang zu Prof. Dr. Sigmund Freud´s Wohnung in der Berggasse 19 in Wien. In diesem Haus eröffnete der Doktor 1891 seine ärztliche Praxis. Dort lebte und arbeitete er insgesamt 47 Jahre, ehe er 1938 vor den Nationalsozialisten nach London floh. Noch heute kann man das originale Wartezimmer seiner Praxis bewundern und durch seine Räume streifen, die teils zum Museum umfunktioniert wurden. Unzählige Bilder und persönliche Gegenstände versuchen einen Eindruck zu vermitteln, wer dieser Mann war.
An solchen Orten faszinieren mich weniger die Ausstellungsstücke und Zertifikate an der Wand. Vielmehr wendet sich mein Blick auf den Boden, ein alter Parkettboden, der dort schon viele Jahre liegen musste und auf dem auch Freud seine Runden drehte und jeden Tag über den alten Steinboden im Vorraum hinüber in sein Arbeitszimmer ging, um sich an den Schreibtisch zu setzen und einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Vielleicht war die Aussicht damals eine andere? Vielleicht sah er genau das, was wir heute sehen können, wenn er an seinem Tisch saß und seine Gedanken schweifen ließ. Dort entstand sein Lebenswerk, seine unzähligen Bücher und Theorien, bis er 1938 fliehen musste.
In der Wohnung findet sich eine handschriftliche Erinnerung von seiner Haushälterin Paula Fichtl – März, 1938
„… Lassen Sie doch die Herren herein und zu einem dieser Nazis sagte er lächelnd, beruhigen sie diese Kleine, mir zugewandt, es passiert uns nichts, die Nazis schauten ihn respektvoll an. Es war der furchtbarste Eindruck den ich in meinem ganzen Leben hatte, zwei von diesen Männern bewachten Herrn Prof; das er ja nichts unternimmt, 2 gingen mit Frau Prof. zu der Geldkasser und nahmen alles mit, ich dachte, mein Herz geht in Stücke, die herrlichen Menschen, die mir gutes getan, werden wie die schwersten Verbrecher behandelt.
Mein einziger Wunsch war all diese Jahre wen die ganze Welt nur erfahren könnte was für wunderbare Menschen die Freuds waren, die besten Eltern könnten ihren Kindern nicht mehr Liebe u. Wärme geben als, Herr u. Frau Prof. zu den Mitmenschen getan haben.“
Nach 47 Jahren in ihrer Wohnung mussten sie fliehen und heute ist sie nur noch Schauplatz einer längst vergangenen Zeit. Ein Relikt, eine Erinnerung und nur ein Schatten der Vergangenheit.
Einige Zitate von Prof. Dr. Sigmund Freud:
„Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden, als Freude zu gewinnen.“
„Eines Tages zurückblickend auf die Jahre, wo du gekämpft hast, werden sie dir als die schönsten vorkommen.“
„Gedanken sind die Proben der Handlungen.“
„Wenn du das Leben aushalten willst, richte dich auf den Tod ein.“
© Sabine Bruckner
danke
Gerne 😉
Liebe Sabine.zwar ist mir der Freud kein Unbekannter. Doch wie die Freuds gelebt haben,darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht .Mehr hat mich früher sein Denken interessiert.Es war wichtig. Ohne ihn könnte noch vieles nicht beim Namen genannt werden.Was für ein Gottesbild aber ,fällt mir gerade ein, er wohl gehabt haben mag? Trotz seiner hohen Intelligenz schien er die Gefahr des Nationasozialismus nicht erkannt zu haben.Eine Tragik des nicht Wahrhabenwollens vielleicht ,selbst ein Betroffener eines unsympathischen Regimes zu werden.Welche Anzeichen er wohl übersehen haben mag?.Fühlte er sich in Wien so verwurzelt, dass ein Weggang, besonders ein erzwungener, für ihn völlig unvorstellbar war,ja geradezu undenkbar? Ein eindrückliches Zeugnis über einen bedeutenden Mann von einer einfachen Person,löst interessante Fragen aus…lieben gruss v. m
Das war wieder ein wunderschoener Beitrag. Vielen Dank fuer die faelhaften Fotos und die kurzen Spueche von Dr. Freud. Inge
Martha, ihm ist es wahrscheinlich ergangen, wie viele, die in Deutschland wohnten. Wir sind ja ansässige, hiesige, uns wird nichts passieren, alle kennen uns doch
Die Freude ist das Geschwister von Leid und Not.
Der Schmerz lässt sich nicht beirren.
Die Jahre, die man das Schlimmste durchgemacht, wo der Kampf sinnlos war, hat womöglich die Demut geweckt.
Das Schöne darf denen bleiben, die es für sich haben.
Gedanken kommen oft quer, in dem Sinne: „Das warst Du auch, das hast Du auch gemacht“.
Den Gedanken prüfen, zu wissen, was die linke Hand will, mit der rechten das nötige anfassen, tun.
Der Tod ist im Hintergrund der unsichtbare Begleiter.
Das kleine ich soll nicht überheblich werden, es muss sich zwischen dem Überich und dem Unbewussten (ES), Schritt für Schritt bemühen.