In wenigen Stunden ist es nun wieder soweit und es beginnt der Jom Kippur – zu Deutsch der Versöhnungstag. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und bald befindet sich Israel im Pausenmodus.
Viele Jahre lang habe ich den Jom Kippur in Israel verbracht. Heuer ist es das erste Mal seit sehr langer Zeit, dass ich das ganze Jahr nicht einen Tag im Land sein werde, auch nicht zu diesem besonderen Tag. Ich erinnere mich zurück an all die schönen Momente und Begegnungen und die Freunde, mit denen ich die Feiertage immer verbracht habe. An meine erste Reise nach Israel 2008 und auch mein erster Jom Kippur, den wir in Tel Aviv verbrachten. Diese erste Reise war wegweisend für vieles, was danach kam und mich letztendlich auch für längere Zeit nach Israel brachte. Es war faszinierend die leeren Strassen zu sehen, die Menschen, die dort spazierten und viele, die in Weiß gekleidet waren.
Es geht um Vergebung und einen Neustart, könnte man sagen. Jom Kippur erinnert mich immer an einen meiner Lehrer. Erster Schultag an der Textilfachschule. Er stellte sich kurz vor und hob dann ein leeres Blatt Papier hoch, und sagte:
Für mich seid ihr wie ein weißes und unbeschriebenes Blatt! Ich kenne euch nicht und was vorher war, interessiert mich nicht. Ihr könnt jetzt entscheiden wie ihr dieses Blatt füllen möchtet.
Das machte auf mich Eindruck, wir alle hatten Fehler gemacht und hier bot man uns einen Neustart, das Vergangene hinter uns zu lassen und von vorne zu beginnen. Ein befreiender Gedanke, eine neue Chance, vieles besser zu machen und keine Vorwürfe für Vergangenes.
Auch Jom Kippur ist ein Neustart, man sucht und bittet um Vergebung und bekommt ein neues weißes Blatt Papier und die Gelegenheit, es neu zu füllen.
© Sabine Bruckner